Die Leitung der Geschicke der Stadt lag fast immer viele Jahre in einer Hand. Innerhalb von 50 Jahren wechselten die Stadtoberhäupter nämlich nur dreimal. Das erwies sich in jeder Hinsicht als vorteilhaft. Von 1893 bis 1915 war Bürgermeister Barkowski, zuletzt als „Erster Bürgermeister", im Amt. Ihm stand der 1910 verstor­bene Stadtrat Poczka als besoldetes Magistratsmitglied zur Seite. Dessen Nachfolger wurde 1911 Bürgermeister Schön, über den wir schon eingehend gesprochen haben.
 
Die Amtsgeschäfte des 1915 gefallenen Stadtbaurates Buchwald übernahm Re­gierungsbaumeister Edmund Tismar, der nach dem Ausscheiden des nur einige Jahre im Amte gewesenen Bürgermeisters Hannemann außerdem den Posten des Bürger­meisters bekleidete. Als er am 31.01.1935 mitten aus dem Schaffen heraus starb, lag eine erfolgreiche Tätigkeit zum Wohle der Stadt hinter ihm. Ihm ist eine lebendige bauliche Entwicklung der Stadt nach dem Ersten Weltkriege zu verdanken. Manches schöne und charaktervolle Bauwerk entstammt seiner Idee. Insbesondere hat Bürger­meister und Stadtbaurat Tismar der Gemeinnützigen Baugesellschaft den Impuls ge­geben; ihre Weiterentwicklung ist vornehmlich sein Verdienst gewesen. Tatkräftig setzte er sich ferner für die Erweiterung des Stadtwaldes sowie die umfangreichen Aufforstungen ein, die er mit viel Liebe und Sachverständnis förderte.
 
Als drittes besoldetes Magistratsmitglied verwaltete ab 1922 Stadtrat Fritz Schenderlein das Dezernat: Rechtsangelegenheiten, Steueramt, Wohlfahrts- und Ju­gendamt. Diese Aufgabengebiete bringen es mit sich, nach außen hin nicht besonders in Erscheinung zu treten.
 
Nach dem Tode Tismars wurde anstelle des Bürgermeisterpostens der des Stadt­kämmerers geschaffen. Dieses Amt übernahm 1935 Dr. Hans Schindowski, bis er im Jahre 1938 als Bürgermeister nach Tilsit berufen wurde. Ebenso kurz nur wirkte Bau­rat Erich Zeibig.
 
Schöns Nachfolge trat Bürgermeister Wilhelm Schleuß am 1. Februar 1938 an. Mit der ihm eigenen Zielstrebigkeit setzte er die bauliche Gestaltung der Stadt fort und förderte insbesondere eine weitsichtige Planung. Obwohl der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in dieser Hinsicht bald Beschränkungen mit sich brachte, fand Schleuß immer wieder Mittel und Wege, die Entwicklungsarbeiten nicht ganz ruhen zu lassen. Dabei hatte er manchen Widerstand zu überwinden. Seine von 1945 bis Oktober 1953 dauernde russische Kriegsgefangenschaft hatte seine Kräfte so ver­zehrt, dass er am 24. Juni 1955 starb.
 
Eine nur kurze Amtszeit war Dr. Hinkelmann beschieden, der Anfang Mai 1938 die Amtsgeschäfte des Stadtkämmerers übernahm. Als Finanzfachmann beherrschte er mit bemerkenswerter Aufgeschlossenheit das städtische Haushalts- und Finanz­wesen. Bereits im August 1939 zum Wehrdienst einberufen, fiel er im August 1942 bei den Kämpfen an der Ostfront.
Eine nicht immer ganz leichte Aufgabe fiel während des Krieges dem Verfasser dieses Abschnittes zu, dem neben der Vertretung abwesender Dezernenten der Perso­naleinsatz oblag. Bei den vielen Einberufungen und Abordnungen männlicher wie weiblicher Kräfte war es nicht leicht, die Ersatzfrage zur Zufriedenheit zu regeln.
 
Es würde im Rahmen dieser Abhandlung zu weit führen, alle Beamten und Angestellten zu erwähnen, die im Laufe der Jahre treu und gewissenhaft ihren Dienst versahen; ihre Zahl ist groß. Abschließend sei jedoch derer gedacht, die als Dienst­stellenleiter unter besonders erschwerten Verhältnissen während des letzten Krieges ihre Einsatzbereitschaft bewiesen. Der schon im Ruhestand lebende Stadtbürodirektor Wilhelm Pietsch übernahm im September 1939 sofort die Leitung des Wirtschafts­amtes, bis ihn im Jahre 1942 ein schweres Leiden zwang, den ihm lieb gewordenen Dienst zum zweiten Male, und damit endgültig, zu quittieren. Im Januar 1945 fand er fern der Heimat seine letzte Ruhestätte. Umsichtig leitete auch Verwaltungsin­spektor Adolf Bartz bis zu seinem Tode im Sommer 1944 das Ernährungsamt; ihm folgte Stadtoberinspektor Wilhelm Zahlmann. Einen keineswegs leichten Stand hatte in der Verwaltungspolizei der Polizeiinspektor Franz Hoffmann angesichts der wach­senden Wohnungsnot bei der Zuweisung freigewordener Wohnungen. Nicht minder schwer wurde es für Stadtoberinspektor Albert Pietsch, den an das Wohlfahrtsamt gestellten kriegsbedingten Aufgaben gerecht zu werden, insonderheit zu der Zeit, als plötzlich mehrere tausend evakuierte Berliner Familien wirtschaftlich zu betreuen waren. Stadtoberrentmeister Hans Nickel versah noch über die Altersgrenze hinaus den Dienst, bis Hans Neubacher seine Nachfolge antrat und nimmermüde mit wenig Hilfskräften seines Amtes waltete. Zweigleisig fuhr Stadtinspektor Fritz Gropp, hatte er doch das Steueramt zu verwalten und daneben den Standesbeamten zu ver­treten. In der Finanzabteilung bewährte sich Stadtobersekretär Arthur Adomat als umsichtiger Sachwalter. Stadtinspektor Richard Beil sprang immer dort ein, wo es galt, Lücken auszufüllen. Direktor Gerhard Belke wachte darüber, dass die Stadt­werke in jeder Hinsicht leistungsfähig blieben. In seinem Fach glückte Stadtbau­meister Fritz Ehrenteit immer wieder ein Ausweg, um gefährdete Projekte zu er­halten. Angestellter Otto Gebauer fand neben seinen Vorkriegsaufgaben wie auch als Wirtschaftsamtsleiter Zeit, sich dem Archivwesen zu widmen. Sein besonderes Ver­dienst ist es, mit viel Umsicht und Sachverständnis ein stadtgeschichtlich sehr wert­volles Archivmaterial ausgewählt und geborgen zu haben.
 
Wenn es möglich war, die Kisten mit dem kostbaren Inhalt auch über die letzte Kriegsphase hinweg sicherzustellen, gebührt seiner Ehefrau Johanna Dank und An­erkennung. Ihre gelang diese bewundernswerte Leistung auf dem weiten Fluchtweg, obwohl ihr Mann zuguterletzt einberufen worden war und erst später aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte.
 
In diesem Zusammenhang sei noch eines Bürgers gedacht, der sich viele Jahre in der Stadtvertretung um seine Heimatstadt verdient machte; es ist der langjährige Stadtverordneten Vorsteher Max Olivier. anlässlich des Stadtjubiläums im Mai 1924 wurde ihm der Titel Stadtältester verliehen. Dazu erhielt er im Juni 1931 das Ehren­bürgerrecht. Damit ist sein Bemühen um eine gedeihliche Zusammenarbeit aller Gre­mien anerkannt und gewürdigt worden, denn diese Ehrung war einmalig.
 
Die Leitung der Vollzugspolizei lag bis 1912 in den Händen des Polizeikommis­sars Marbeck, bekannt durch seine Urwüchsigkeit und humorvolle Art, sich Geltung zu verschaffen. Ihm standen nur 5 Polizeibeamte zur Seite, dafür aber 8 Nachtwächter, die als Hüter der Ordnung mit einem Spieß und einem Feuerhorn ausgerüstet, Ruhe­störer nötigenfalls in Gewahrsam nahmen. Jede Stunde ertönte ihr Pfeifensignal, wenn sie sich nicht doch einmal in einer stillen Ecke zu einem Nickerchen nieder­ließen. Diese Männer hatten nämlich einen schweren Dienst, mussten sie doch außer der Nachtschicht noch während der Nachmittagsstunden in der Stadtkämmerei arbeiten oder den zweirädrigen Krankentransportwagen bedienen. Von 1919 ab ist die Zahl der Polizeivollzugsbeamten entsprechend dem Abbau der Nachtwächter Zug um Zug verstärkt worden. Als Polizeikommissar Julius Schippke 1933 in den Ruhe­stand versetzt wurde, taten bereits 21 uniformierte Polizei Vollzugs- und 3 Kriminal­beamte Dienst. Dem letzten Polizeikommissar, späteren Hauptmann der Schutz­polizei, Ernst Niepel, oblag nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Aus­bildung der Polizeireserve, die nach Abkommandierung der aktiven Beamten über­wiegend im Straßendienst eingesetzt werden musste.